Where the Hell Is the Filmic?

Wintersemester 2019/20, Katharina Müller, Siegfried A. Fruhauf
Universität Wien, Institut für Theater-, Film- und Medienwissenschaften

 
Bewegtbilder stellen nicht nur eine der wichtigsten Kunstformen des 20. und 21. Jahrhunderts dar – wir erfahren einen Großteil unserer Bildung, Information und Unterhaltung via Bewegtbilder. Während das Kino seine Dominanz als Massenmedium längst eingebüßt hat, bleiben nicht nur Filmaufnahmen – ob auf analogem Film oder in digitalen Trägermedien – sondern auch das Filmische selbst ein Schlüssel zum Verständnis der modernen Welt. Filmisches Wissen, und darunter verstehen wir das Wissen um die Konstitution von Bewegtbildern sowie die Befähigung, visuelle Medien als ein Ensemble aus Realitätsabdruck, ästhetischer Gestaltung und technischer Gemachtheit "lesen zu können", ist Teil einer demokratischen Grundbildung. Es ist ein Schlüssel zum Verständnis der modernen Welt und notwendig, um durch die immer komplexer werdenden Welten des Internets und der (sozialen) Medien navigieren zu können. Was aber ist das "Filmische"? In den vielfältigen hochverdienten Ansätzen von Film-, Medien- und Kulturtheorie taucht der Begriff in unterschiedlichsten Varianten auf – und bleibt ob seiner diversen Bedeutungen mitunter vage. Wie lässt es sich über eine verbale Beschreibung hinausgehend konzipieren? Die Lehrveranstaltung interessiert sich dafür, wie sich das Filmische – über seine theoretischen Konzeptionen hinausgehend – als "Tacit knowledge" (implizites Wissen) begreifbar machen lässt. Dazu muss es zunächst einmal versammelt werden: Ausgehend von der Begegnung mit Mitarbeiter*innen der Sammlung des Österreichischen Filmmuseums – mit jenen also, die sich mit dem beschäftigen, was vom Film übrigbleibt bzw. den Medienwechsel überlebt – widmen wir uns den filmischen Grundelementen: Nach dem Motto "You can know more than you can tell" wollen wir Kunstwerke produzieren, die filmische Grundelemente wie Bewegung, Zeit, Stillstand, Material (Formate, Tonspur, Perforationsloch), die Apparatur (Kamera, Projektor, Kino), Montage, Kopierung, Struktur, Licht, Dunkelheit, Überlagerung, Überblendung, Dynamik, Linearität, Emotion etc. als Destillate der Praxis erschließen, um das "Filmische" zu konkretisieren, es greifbar zu machen – und dadurch sein Fortleben in der Gegenwart identifizieren zu können.

 

Die Lehrveranstaltung ist als Einführung in die künstlerische Forschung und ihre Ansätze konzipiert. Sie konfrontiert mit archivarischen und künstlerischen Anliegen, Arbeitsweisen und Erfahrungen der Praxis. Ziel ist es, Film als ein Werkzeug der Wissensproduktion begreiflich zu machen und seine Grundelemente im Modus der experimentellen Gestaltung zu erarbeiten. Es soll eine Idee des Erhalts und der Weitergabe filmischen Wissens befördert werden, die sich aus der Abhängigkeit von ökonomisch, politisch und wirtschaftlich nicht funktionierenden Maßnahmen (wie etwa die gescheiterte Utopie der Erhaltung von Filmlaboren auf staatlicher Basis) löst und sich medienübergreifend in filmischer Kunst artikuliert.