Triste Technik
Science-Fiction und Melancholie, 1968-1983
1. Dezember 2016 bis 5. Jänner 2017
Der Club of Rome, eine Organisation, die sich für die radikale Veränderung des globalen Verbrauchs limitierter Ressourcen engagiert, ist gleich alt wie Stanley Kubricks Meisterwerk 2001 – A Space Odyssey. Das Stichdatum: 1968. Vier Jahre später erscheint die CoR-Studie "Die Grenzen des Wachstums" über die alarmierenden Folgen des Energie- und Rohstoffverbrauchs der Industriestaaten. Der auf bahnbrechenden Computersimulationen basierende Bericht markiert eine neue Welle sozialer Bewusstseinsbildung, die parallel zur Formation von "New Hollywood" verläuft. In diesem Dreieck aus politischer Ökologie, neuen, melancholischen Stimmungslagen und neuen ästhetischen Entwicklungen im Kino ist der Filmparcours Triste Technik angesiedelt.
Zwischen den Eckpunkten von 2001 und Ridley Scotts Blade Runner liegen jene "erweiterten 1970er Jahre", die sich dem Gedanken einer rettungslos negativen Entwicklung westlicher Technologien und Wissenschaften öffnen – im Schatten von Ölkrise, internationalem Terrorismus, explodierender Sex- und Drogenkultur und neuen sozialen Bewegungen (Schwule, Lesben, Feminismus, Aussteiger, aber auch der Konsumerismus, der im folgenden Jahrzehnt explodieren wird). Wo 2001 noch in allegorischer Ambivalenz zwischen heiterem Weltraumwalzer und sinistren Computerstimmen verharrt und in seinen kauenden Astronauten die ominöse Apathie des homo technicus fast zu feiern scheint, kommt es in der Folge zu klaren Abzweigungen in die apokalyptische Mentalität.
Diese Mentalität schillert in vielen Farben. Sie kann elegische Träume von der gänzlichen Entleerung des überfüllten zivilisierten Gehirns spinnen wie in Jim McBrides post-apokalyptischem Ausflug Glen and Randa (1971). Sie kann die nervöse, alarmistische Maske der moralischen Betroffenheit tragen wie in den um düstere Entwicklungen und grobe Unfälle kreisenden "Warnfilmen" des US-Kinos – von Michael Crichtons Westworld (1973) und The Terminal Man (1974) bis zur Katastrophenphantasie eines Towering Inferno (1974) oder China Syndrome (1979). Sie kann aber auch, und das oft im selben Film, alle alt-liberale, alt-rationale Hoffnung auf die Lernfähigkeit entsprechend informierter Bevölkerungen fahren lassen und ins sublime und allegorische Fach kippen, wie Kubrick dies vorgeführt hat.
Was sich hier lernen lässt, zwischen unvermeidlichen Weltuntergängen und Neuanfängen, ist eine düstere Lektion über die Endlichkeit und Fehlbarkeit allen Lebens, auch des gut organisierten – eine bittere Pille in Sachen ars moriendi (nicht auf individueller Ebene, sondern auf Gattungsniveau). Erträglich wird sie nur dank der Erhabenheit souveräner und innovativer Ästhetik, etwa in George Lucas' frühem Hauptwerk THX 1138 (1971), Nicolas Roegs The Man Who Fell to Earth (1976) oder dem von Kubricks Special-Effects-Meister Douglas Trumbull mitbetreuten Blade Runner (1982).
In Beneath the Planet of the Apes (1970) zeigt sich das entstellte Gesicht der Menschheit in einem Kult, der – mit alten religiösen Symbolen bewehrt – die Bombe anbetet: eine vollkommene Verdichtung des techno-skeptischen und immer noch -fetischistischen Zeitalters, das in Carpenters Dark Star zur heiteren philosophischen Satire geläutert wird. Das weitere Spektrum nicht mehr reparabler Hoffnungslosigkeit reicht von zynischer Härte (Menschenfleisch als letzte Ressource in Soylent Green, A Boy and His Dog und Coma, als bereits virtuelles Fleisch in Videodrome) bis zur grandiosen, post-humanen Elegie von Silent Running (1972), Douglas Trumbulls erster, singulärer Regiearbeit.
In Silent Running gehört das Ende den Pflanzen und den sie pflegenden Robotern. Sie sind in eine ferne Welt unterwegs, wo die kurze Lebensspanne des Individuums, die allzu aufwändigen Fortpflanzungsgewohnheiten und die (beiden Umständen geschuldete) ständige Gewaltbereitschaft des "homo sapiens" nicht länger den Horizont des lernenden und reisenden Lebens beschränken.
Die Filmschau wurde kuratiert von Katherina T. Zakravsky und findet im Zusammenspiel mit dem Architekturzentrum Wien (Az W) statt.
Die Ausstellung "Am Ende: Architektur. Zeitreisen 1959–2019", organisiert anlässlich des Abschieds von Gründungsdirektor Dietmar Steiner, ist bis 20. März 2017 im Az W zu sehen. Bereits am Vorabend der Filmschau, am 30.11. um 19 Uhr, hält Katherina T. Zakravsky im Az W einen Vortrag rund um "Blade Runner", gefolgt von einer Podiumsdiskussion.
Der Club of Rome, eine Organisation, die sich für die radikale Veränderung des globalen Verbrauchs limitierter Ressourcen engagiert, ist gleich alt wie Stanley Kubricks Meisterwerk 2001 – A Space Odyssey. Das Stichdatum: 1968. Vier Jahre später erscheint die CoR-Studie "Die Grenzen des Wachstums" über die alarmierenden Folgen des Energie- und Rohstoffverbrauchs der Industriestaaten. Der auf bahnbrechenden Computersimulationen basierende Bericht markiert eine neue Welle sozialer Bewusstseinsbildung, die parallel zur Formation von "New Hollywood" verläuft. In diesem Dreieck aus politischer Ökologie, neuen, melancholischen Stimmungslagen und neuen ästhetischen Entwicklungen im Kino ist der Filmparcours Triste Technik angesiedelt.
Zwischen den Eckpunkten von 2001 und Ridley Scotts Blade Runner liegen jene "erweiterten 1970er Jahre", die sich dem Gedanken einer rettungslos negativen Entwicklung westlicher Technologien und Wissenschaften öffnen – im Schatten von Ölkrise, internationalem Terrorismus, explodierender Sex- und Drogenkultur und neuen sozialen Bewegungen (Schwule, Lesben, Feminismus, Aussteiger, aber auch der Konsumerismus, der im folgenden Jahrzehnt explodieren wird). Wo 2001 noch in allegorischer Ambivalenz zwischen heiterem Weltraumwalzer und sinistren Computerstimmen verharrt und in seinen kauenden Astronauten die ominöse Apathie des homo technicus fast zu feiern scheint, kommt es in der Folge zu klaren Abzweigungen in die apokalyptische Mentalität.
Diese Mentalität schillert in vielen Farben. Sie kann elegische Träume von der gänzlichen Entleerung des überfüllten zivilisierten Gehirns spinnen wie in Jim McBrides post-apokalyptischem Ausflug Glen and Randa (1971). Sie kann die nervöse, alarmistische Maske der moralischen Betroffenheit tragen wie in den um düstere Entwicklungen und grobe Unfälle kreisenden "Warnfilmen" des US-Kinos – von Michael Crichtons Westworld (1973) und The Terminal Man (1974) bis zur Katastrophenphantasie eines Towering Inferno (1974) oder China Syndrome (1979). Sie kann aber auch, und das oft im selben Film, alle alt-liberale, alt-rationale Hoffnung auf die Lernfähigkeit entsprechend informierter Bevölkerungen fahren lassen und ins sublime und allegorische Fach kippen, wie Kubrick dies vorgeführt hat.
Was sich hier lernen lässt, zwischen unvermeidlichen Weltuntergängen und Neuanfängen, ist eine düstere Lektion über die Endlichkeit und Fehlbarkeit allen Lebens, auch des gut organisierten – eine bittere Pille in Sachen ars moriendi (nicht auf individueller Ebene, sondern auf Gattungsniveau). Erträglich wird sie nur dank der Erhabenheit souveräner und innovativer Ästhetik, etwa in George Lucas' frühem Hauptwerk THX 1138 (1971), Nicolas Roegs The Man Who Fell to Earth (1976) oder dem von Kubricks Special-Effects-Meister Douglas Trumbull mitbetreuten Blade Runner (1982).
In Beneath the Planet of the Apes (1970) zeigt sich das entstellte Gesicht der Menschheit in einem Kult, der – mit alten religiösen Symbolen bewehrt – die Bombe anbetet: eine vollkommene Verdichtung des techno-skeptischen und immer noch -fetischistischen Zeitalters, das in Carpenters Dark Star zur heiteren philosophischen Satire geläutert wird. Das weitere Spektrum nicht mehr reparabler Hoffnungslosigkeit reicht von zynischer Härte (Menschenfleisch als letzte Ressource in Soylent Green, A Boy and His Dog und Coma, als bereits virtuelles Fleisch in Videodrome) bis zur grandiosen, post-humanen Elegie von Silent Running (1972), Douglas Trumbulls erster, singulärer Regiearbeit.
In Silent Running gehört das Ende den Pflanzen und den sie pflegenden Robotern. Sie sind in eine ferne Welt unterwegs, wo die kurze Lebensspanne des Individuums, die allzu aufwändigen Fortpflanzungsgewohnheiten und die (beiden Umständen geschuldete) ständige Gewaltbereitschaft des "homo sapiens" nicht länger den Horizont des lernenden und reisenden Lebens beschränken.
Die Filmschau wurde kuratiert von Katherina T. Zakravsky und findet im Zusammenspiel mit dem Architekturzentrum Wien (Az W) statt.
Die Ausstellung "Am Ende: Architektur. Zeitreisen 1959–2019", organisiert anlässlich des Abschieds von Gründungsdirektor Dietmar Steiner, ist bis 20. März 2017 im Az W zu sehen. Bereits am Vorabend der Filmschau, am 30.11. um 19 Uhr, hält Katherina T. Zakravsky im Az W einen Vortrag rund um "Blade Runner", gefolgt von einer Podiumsdiskussion.
Zusätzliche Materialien
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