2551.01, 2021, Norbert Pfaffenbichler

Norbert Pfaffenbichler
Gesamtwerk und Carte blanche

5. bis 22. November 2021

Der gebürtige Steyrer Norbert Pfaffenbichler (*1967) zählt zu den herausragenden Figuren des österreichischen Experimentalfilms und hat international mit Einladungen zu Festivals wie Venedig oder Locarno reüssiert. Aber Pfaffenbichler blickt immer auch über den Tellerrand der Avantgarde: Als Künstler und Kurator ist er ein genuiner Cinephiler, der sich stets für experimentelles Kino ebenso begeistert (hat) wie für Kunst- und Genrefilme, die einen anderen Blick auf die Welt eröffnen.
 
Diese verschiedenen Einflüsse hat Pfaffenbichler auf einzigartige Weise gebündelt: In diesem Sinne ist sein Kino gleichermaßen brechtisch wie populär – seine jüngste Arbeit 2551.01 (2021) etwa macht aus Charlie Chaplins Klassiker The Kid (1920) eine hypnotische futuristische Groteske. Als Spielfilm-Experiment ist 2551.01 ein weiterer Beleg für Pfaffenbichlers Wandlungsfähigkeit: Mühelos ist er vom meist abstrakten Frühwerk zur vorrangigen Beschäftigung mit Found Footage übergegangen, der er in seiner hintersinnig betitelten Notes on Film-Serie völlig neue Dimensionen eröffnete. So ist zum Beispiel Mosaik Mécanique (2008) eine ganz andere Chaplin-Neudeutung: eine kurze Stummfilmkomödie wird aus den Angeln gehoben und ihr zeitlicher Verlauf ins Räumliche übersetzt.
 
Diesem Experimentalfilm im ursprünglichen Sinne, der einen das Kino völlig neu sehen lässt, stehen nahezu narrative Arbeiten wie A Messenger from the Shadows (2013) oder A Masque of Madness (2013) gegenüber, die das Œuvre von ikonischen Schauspielern wie Lon Chaney oder Boris Karloff destillieren und zu eigenen abendfüllenden (Meta-)Erzählungen umgestalten. Pfaffenbichlers verblüffende Bandbreite reicht von Conference (2011), einer unheimlich-komischen Auseinandersetzung mit Hitler-Darstellungen im Kino, bis zur unverschämten Reinszenierung der legendären Treppenszene aus Eisensteins Panzerkreuzer Potemkin (1925) für Odessa Crash Test (2014). Aber vor allem schlägt sein Herz für das Groteske, dass er zwischen Komödie und Horror auch selbst atmosphärisch anzapft: Das Lustige und das Verstörende gehören ebenso zum Pfaffenbichler-Programm wie die Lust am Experiment.
 
Das zeigt auch seine üppige Carte blanche (zusätzlich hat er diesmal unsere Collection on Screen kuratiert): Kombiniert mit seinem Schaffen öffnet sich eine Wundertüte von Filmen, kanonische Meisterwerke ebenso wie rare Entdeckungen. Manche der Zusammenstellungen sind naheliegend – auf die Karloff-Found-Footage folgt mit Bride of Frankenstein (1931) einer der größten Filme des Schauspielers –, andere sind gewagter und assoziativer: Wie Pfaffenbichlers eigenes Werk sind sie Einladungen, die vielfältige Magie des Kinos lustvoll zu entdecken, auf immer wieder neuen Pfaden. (Christoph Huber)
 
In Kooperation mit sixpackfilm

Coronbedingt konnten die Vorführungen am 22. November leider nicht wie geplant stattfinden.
Zusätzliche Materialien