Penthesilea: Queen of the Amazons, 1974, Laura Mulvey, Peter Wollen
Laura Mulvey im Filmmuseum 2008 (Foto: ÖFM © Sissi Makovec)

Laura Mulvey
Werkschau und Carte blanche

16. November 2023 bis 8. Jänner 2024
 
In einer umfassenden Werkschau würdigt das Filmmuseum eine Feministin, deren Bedeutung als Filmschaffende immer im Schatten ihrer Prominenz als Theoretikerin stehen musste. Mit dem Aufsatz "Visual Pleasure and Narrative Cinema" (1975) begründete Laura Mulvey eine neue strukturalistisch-psychoanalytische Filmtheorie, indem sie den blinden Fleck der Screen-Theoretiker (McCabe, Heath, Metz) reparierte. Das lustvolle Schauen der nahtlosen Hollywooderzählungen sei, so Mulvey, ursprünglich von patriarchaler Machtdifferenz geprägt: Männer schauen und Frauen werden angeschaut, Männer handeln (als Helden, als Verführer, als Mörder), Frauen sind ästhetisches Spektakel (als Abenteuertrophäen, als Verführte, als Opfer). Mulvey vollzog diese feministische Analyse nicht empirisch (wie Molly Haskell), sondern fand eine Analogie in der Entwicklung menschlichen Begehrens und Schautrieb: ohne Schaulust (Skopophilie) kein (Hetero-)Sex.
 
Als vielzitierter Aufsatz der jüngeren Kulturgeschichte verstellt "Visual Pleasure" heute den Blick auf das außergewöhnliche Filmschaffen Mulveys, ein unerreichtes Umsetzungsprojekt ihres feministisch-politischen Aufrufs zur Ersetzung sexistischer Schauhaltung durch den "leidenschaftlichen Abstand" ("passionate detachment") der Zuschauer*innen. Mulveys Spiel-, Essay- und Dokumentarfilme, die sie oft gemeinsam mit Peter Wollen realisiert hat, rücken das weibliche Subjekt ins Zentrum und bestechen durch die Wahl der Figuren (mythische, reale, vergessene Frauen der Geschichte) ebenso wie durch ihre Erzählweise: eine dekonstruktive Filmpraxis, die lustvoll erkundet und erforscht werden kann. Was für ein aufregendes Schauabenteuer! (Andrea B. Braidt)

In Anwesenheit von Laura Mulvey von 16. bis 18. November 2023
Zusätzliche Materialien