Films You Cannot See Elsewhere
Amos-Vogel-Atlas 18
Stahltier Troopers
23. September 2024
In seinem Buch Film as a Subversive Art (1974) widmete sich Amos Vogel auch ausgiebig Propagandafilmen, denn: "Ungeachtet ihrer sogfältig vorgeschriebenen Parameter sind die Propagandafilme gerade wegen ihrer berechnenden Natur subversiv; sie verseuchen nicht nur die Wahrheit, sondern auch alle, die ihr nahekommen: Zeugnis dafür ist die unheilvolle, perverse Anziehungskraft, die Triumph des Willens (1935) auch heute noch hat."
Leni Riefenstahls Triumph des Willens über den Parteitag der Nationalsozialistischen Deutschen Arbeiterpartei 1934 läuft auch alljährlich im Filmmuseum als Teil von Peter Kubelkas Zyklus Was ist Film: Der "berühmteste Propagandafilm, der je gedreht wurde" (Vogel) gilt als einzigartiges Beispiel für die Mobilisierung filmischer Mittel: Das Nazi-Regime hatte Riefenstahl praktisch unbegrenzte Möglichkeiten gegeben, um ein Ereignis zu "dokumentieren", das eine Inszenierung war. Vogel schreibt überhaupt von einem "Pseudo-Ereignis": "Es ist eine erstaunliche Entdeckung, zu merken, dass diese enorme Versammlung in erster Linie für den Film veranstaltet wurde."
Vogel, dem im Gegensatz zu Verwandten aus seiner jüdischen Familie die Flucht vor den Nazis im letzten Moment gelang, wurde heftig angefeindet, als er in den 1950ern Nazi-Propagandafilme, darunter Triumph des Willens, erstmals in New York zeigte, weil er überzeugt war, dass man sich der schrecklichen Möglichkeiten von Kino als Propagandamedium nur bewusst werden könne, indem man die Methoden der NS-Filme studiere. In diesem Sinne präsentieren wir am Tag vor dem diesjährigen Screening von Triumph des Willens zwei Filme aus unserer Sammlung, um Riefenstahls Werk in einen filmhistorischen Kontext zu stellen, der unter anderem den Mythos seiner Einzigartigkeit entzaubert.
Das Stahltier (1934) von Willy Zielke ist ein wichtiger, kaum bekannter Vorläufer: Der künstlerisch ambitionierte Reichsbahn-Film wurde prompt verboten, auch wenn er zur Schulung von Kameraleuten der Propagandakompanie diente und Riefenstahl und ihr Team begeisterte.
Paul Verhoevens Starship Troopers (1997) ist die Kulmination von Blockbuster-Propaganda à la Hollywood. Die aufwendigen Arrangements von Triumph des Willens, Riefenstahls "meisterhafte Orchestrierung von filmischen und psychologischen Komponenten" (Vogel) sind in der Kinogeschichte immer wieder zitiert worden. Insbesondere nach einer vollends apolitischen Riefenstahl-Renaissance in den 1970ern wurden ihre Inszenierungen in populären Filmen wie Star Wars (1977) nachgebildet. Auch bei Starship Troopers wird Riefenstahl zitiert, als Teil von Verhoevens satirischer Verdichtung und gleichzeitiger Unterwanderung des Propagandaarsenals von Kino und Popkultur – ein bitterböser Abgesang auf die Filmkunst (und ihre kommerzielle Ausprägung) als Leitmedium des 20. Jahrhunderts. (Christoph Huber)
Einführung von Kurator Christoph Huber zu beiden Filmen
Der gebürtige Wiener Jude Amos Vogel (1921–2012) wurde nach der Emigration in die USA eine der wichtigsten Figuren der internationalen Filmkultur. Die Reihe Amos-Vogel-Atlas widmet sich der Weiterführung seines widerständigen Erbes parallel zur Beforschung seines Nachlasses im Filmmuseum mit Schwerpunkt auf Raritäten aus der Sammlung.
In seinem Buch Film as a Subversive Art (1974) widmete sich Amos Vogel auch ausgiebig Propagandafilmen, denn: "Ungeachtet ihrer sogfältig vorgeschriebenen Parameter sind die Propagandafilme gerade wegen ihrer berechnenden Natur subversiv; sie verseuchen nicht nur die Wahrheit, sondern auch alle, die ihr nahekommen: Zeugnis dafür ist die unheilvolle, perverse Anziehungskraft, die Triumph des Willens (1935) auch heute noch hat."
Leni Riefenstahls Triumph des Willens über den Parteitag der Nationalsozialistischen Deutschen Arbeiterpartei 1934 läuft auch alljährlich im Filmmuseum als Teil von Peter Kubelkas Zyklus Was ist Film: Der "berühmteste Propagandafilm, der je gedreht wurde" (Vogel) gilt als einzigartiges Beispiel für die Mobilisierung filmischer Mittel: Das Nazi-Regime hatte Riefenstahl praktisch unbegrenzte Möglichkeiten gegeben, um ein Ereignis zu "dokumentieren", das eine Inszenierung war. Vogel schreibt überhaupt von einem "Pseudo-Ereignis": "Es ist eine erstaunliche Entdeckung, zu merken, dass diese enorme Versammlung in erster Linie für den Film veranstaltet wurde."
Vogel, dem im Gegensatz zu Verwandten aus seiner jüdischen Familie die Flucht vor den Nazis im letzten Moment gelang, wurde heftig angefeindet, als er in den 1950ern Nazi-Propagandafilme, darunter Triumph des Willens, erstmals in New York zeigte, weil er überzeugt war, dass man sich der schrecklichen Möglichkeiten von Kino als Propagandamedium nur bewusst werden könne, indem man die Methoden der NS-Filme studiere. In diesem Sinne präsentieren wir am Tag vor dem diesjährigen Screening von Triumph des Willens zwei Filme aus unserer Sammlung, um Riefenstahls Werk in einen filmhistorischen Kontext zu stellen, der unter anderem den Mythos seiner Einzigartigkeit entzaubert.
Das Stahltier (1934) von Willy Zielke ist ein wichtiger, kaum bekannter Vorläufer: Der künstlerisch ambitionierte Reichsbahn-Film wurde prompt verboten, auch wenn er zur Schulung von Kameraleuten der Propagandakompanie diente und Riefenstahl und ihr Team begeisterte.
Paul Verhoevens Starship Troopers (1997) ist die Kulmination von Blockbuster-Propaganda à la Hollywood. Die aufwendigen Arrangements von Triumph des Willens, Riefenstahls "meisterhafte Orchestrierung von filmischen und psychologischen Komponenten" (Vogel) sind in der Kinogeschichte immer wieder zitiert worden. Insbesondere nach einer vollends apolitischen Riefenstahl-Renaissance in den 1970ern wurden ihre Inszenierungen in populären Filmen wie Star Wars (1977) nachgebildet. Auch bei Starship Troopers wird Riefenstahl zitiert, als Teil von Verhoevens satirischer Verdichtung und gleichzeitiger Unterwanderung des Propagandaarsenals von Kino und Popkultur – ein bitterböser Abgesang auf die Filmkunst (und ihre kommerzielle Ausprägung) als Leitmedium des 20. Jahrhunderts. (Christoph Huber)
Einführung von Kurator Christoph Huber zu beiden Filmen
Der gebürtige Wiener Jude Amos Vogel (1921–2012) wurde nach der Emigration in die USA eine der wichtigsten Figuren der internationalen Filmkultur. Die Reihe Amos-Vogel-Atlas widmet sich der Weiterführung seines widerständigen Erbes parallel zur Beforschung seines Nachlasses im Filmmuseum mit Schwerpunkt auf Raritäten aus der Sammlung.
Zusätzliche Materialien
Bücher Film as a Subversive Art
Link Mitwirkende
Link Amos Vogel Library
Projekt Amos Vogel – 100 Jahre Subversion
Regelmäßiges Programm Amos-Vogel-Atlas
Podcast Amba Botland über Amos Vogel
Link Amos Vogel Library
Projekt Amos Vogel – 100 Jahre Subversion
Regelmäßiges Programm Amos-Vogel-Atlas
Podcast Amba Botland über Amos Vogel