So bunt war Wien noch nie. Die "Weltjugendfestspiele" brachten von 26. Juli bis 4. August 1959 Menschen aus Kuba, Vietnam, Angola, Indonesien, der UdSSR, Brasilien und vielen anderen Staaten nach Wien. Erstmals fanden die Spiele, gegründet vom kommunistisch dominierten Weltbund der demokratischen Jugend, in einem "westlichen" Land statt. Man lebte noch im Kalten Krieg. Demgemäß unfreundlich reagierten das sozialdemokratische wie das katholische Wien.
Der Veranstalter – die "Freie Österreichische Jugend" (FÖJ) – hatte nicht nur 1.000 Teilnehmer mobilisiert, sondern auch mehrere 8-mm-Filmteams. Noch ungeübt und mehr auf Fotoschnappschüsse bedacht, entstanden Dokumentationen für vereinsinterne Zwecke wie der vorliegende Film. Bei diesem steht neben dem Treiben vor dem Organisationsbüro auf dem Messegelände das Eröffnungsfest im Praterstadion im Zentrum, wo die schicken tschechischen Motorroller bei ihrer Stafette das vielleicht meistbegehrte Objekt bildeten.
Die nichtkommunistischen Jugendorganisationen riefen zum Boykott der Spiele auf. Selbst die CIA soll involviert gewesen sein. Auf "höherer" Ebene wurde das Festival jedoch auch als Chance gesehen, die Ernsthaftigkeit der jungen Neutralität Österreichs zu demonstrieren. Der offiziellen Begrüßung durch Wiens Vizebürgermeister Felix Slavik stand (dafür günstig) ein bemüht "unpolitisches" Festivalprogramm gegenüber: Sport, Musik, Tanz, Modeschau und (der russische National-)Zirkus waren durchaus Wien-kompatibel. Die polizeilich gezählten 13 Übergriffe auf Festteilnehmer bereits am ersten Tag müssten freilich noch extra analysiert werden.
Siegfried Mattl (1954–2015)
Erstmals veröffentlicht auf derStandard.at am 1.9.2014
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